Zu hohe Emissionswerte aus dem Holcim-Zementwerk Lägerdorf
Quecksilberausstoß und weitere Umweltgifte:
Gefahren für unsere Gesundheit durch die Emissionen des Zementwerks Holcim in Lägerdorf
Gemeinsam luden die KG Steinburg des BUND und die BIAB (Bürgerinitiative zur Verhinderung gesundheitsgefährdender Abfallbeseitigung in Lägerdorf) den Steinburger Landrat, Kreistagspolitiker und Bürgermeister zu einer nicht öffentlichen Info-Veranstaltung ins Cafe Schwarz ein.
Die Vorsitzende der BIAB, Sabine Dammann, forderte in ihrer Begrüßung der rund 20 Bürgermeister und des Steinburger Landrats Torsten Wendt, dass das Werk Holcim, da es zu 100 % Müll – davon 40 % giftigen Sondermüll – als Brennstoff einsetzt (pro Jahr 1,6 Millionen Tonnen), als Müllverbrennungsanlage mit den entsprechenden Grenzwerten geführt werden müsse.
Anschließend erklärte Rainer Guschel, BUND-Steinburg, in seiner Anmoderation den etwa 60 Besuchern, dass diese Veranstaltung eine notwendiges Korrektiv zu den üblichen Selbstdarstellungen von Holcim sein soll. Aber die eigentlichen Adressaten seien die Politiker und die Genehmigungsbehörden, die es dem Konzern ermöglichen, mit viel zu großzügigen Ausnahmegenehmigungen seine Gewinne auf Kosten der Umwelt und Anwohner zu maximieren.
Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Mecklenburg erläuterte die Klage der BIAB – an der sich auch unsere KG finanziell beteiligt – gegen die viel zu hoch genehmigten Emissionen, vor allem für Quecksilber (bis zu 189 kg pro Jahr) und Stickoxyde.
Christian Tebert, Experte für Industrieemissionen und Beste verfügbare Techniken bei Ökopol und Hauptreferent, veranschaulichte anhand von Diagrammen, dass das Zementwerk Lägerdorf bei Quecksilber- und Stickstoffdioxid-Emissionen eines der schmutzigsten (bezogen auf die Produktionseinheit) der 41 Werke in der BRD ist. Seine deutlichen und durch Zahlen und Vergleiche, z. B. mit Umweltstandards der USA, belegten Vorwürfe:
„Die Politik tut nichts zur Quecksilberminderung" (bei den Zementwerken)
„Die Genehmigungsbehörde (das LLUR in Itzehoe als Landesbehörde) erscheint in mehreren Punkten einseitig Betreiber-freundlich"
„Der multinationale Konzern Holcim sollte mehr Verantwortung übernehmen" für Bevölkerung und Umwelt angesichts eines Jahresgewinns von 1,6 Milliarden Dollar.
So weigert sich Holcim, statt der weniger effektiven Ammoniakeindüsung die in Müllverbrennungsanlagen seit 20 Jahren üblichen Katalysator-Filter für einige Millionen Euro einzubauen, die auch das nicht im Staub gebundene Quecksilber wirksam aus den Abgasen filtern könnten. Und durch einen höheren Einsatz von Ammoniak ließe sich der Stickoxid-Anteil sofort halbieren.
Stattdessen baute Holcim vor kurzem eine Müllverbrennung für 80 000 Tonnen Grobabfall in den Vorwärmturm ein, mit der Holcim wiederum Kosten einspart. Tebert sieht in diesem "Prepol-Verfahren" ein erhöhtes Risiko. Es ist bisher in diesem Umfang noch nie verwendet worden und birgt die Gefahr von Schwelbränden in der Transportschnecke und damit dem unkontrollierten Ausstritt von Giftgasen, vor allem von Dioxinen und Furanen, wenn in den nur grob zerschredderten Abfällen Elektronikschrott enthalten ist.
Der Kieler Toxikologe Dr. Hermann Kruse referierte über die Gesundheitsgefährdung durch Schwermetalle und Feinstäube. Nach seinen Berechnungen beträgt die Feinstaubbelastung hier an der Westküste bereits 19 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und wird durch das Zementwerk um 3 bis 4 Mikrogramm erhöht. Kruse hält aus toxikologischer Sicht einen Feinstaubwert von maximal 10 Mikrogramm für akzeptabel.
Resümee: Außer einigen Nachfragen und Ergänzungen gab es keinen großen Diskussionbedarf.
Einer der anwesenden Bürgermeister äußerte seine Verwunderung darüber, dass die aufgezeigten Fakten so wenig bekannt sind und schon gar nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhalten.
Rainer Guschel
PS.: Der Vortrag von Christian Tebert, ÖKOPOL, kann hier abgerufen werden (PDF).